Ist Amateurfunk noch aktuell?

„Ist Amateurfunk in Zeiten des Internets denn noch aktuell?“ Diese Frage hört man oft, wenn man mit anderen über den Amateurfunk spricht. Tatsächlich mag es für Außenstehende oft ein skurriles Bild abgeben, wenn man konzentriert am Funkgerät sitzt und routiniert die vielen Knöpfe und Regler betätigt, um ein verrauschtes, kaum hörbares Signal eines anderen Funkers doch noch irgendwie verständlich zu machen. Da kommt schon mal die Frage auf, warum man nicht zum Hörer greift (alternativ: Skype, E-Mail, etc.) und den anderen einfach anruft, anstatt sich die eher mittelmäßige Audioqualität per Funk „anzutun“.

Warum man trotzdem zum Funkgerät greift?

Die reine Unterhaltung mit anderen ist meistens nicht der einzige Grund, per Amateurfunk zu kommunizieren. Genauso, wie es beim Segeln heutzutage nicht mehr nur darum geht, von A nach B zu kommen (das geht per Flugzeug oder Fähre schneller und billiger) ist hier meist der Weg das Ziel. Der Amateurfunk ist in erster Linie ein technisches Hobby und so lässt man sich gerne überraschen, wer beim Drehen über das Frequenzband alles aus den Lautsprechern spricht. Über Kurzwelle erreicht man prinzipiell die ganze Welt; Da die Ausbreitungsbedingungen der elektromagnetischen Wellen von vielen Faktoren wie der Antenne, Sendeleistung,  dem Zustand der Atmosphäre oder auch der Tageszeit abhängig sind, gibt es keine Garantie, dass man jemanden auch wirklich erreicht. Gerade bei selbstgebauten Geräten oder bei portablem Betrieb ist die Freude groß, wenn man z.B. jemanden in Australien, Südamerika, oder auf einer kleinen, entfernten Insel erreicht. Im Gegensatz zu den „modernen“ Kommunikationsmitteln braucht man hier nämlich weder Glasfaserleitungen im Ozean, noch Basisstationen oder Satelliten. Ein Funkgerät, Antenne und Batterie reichen. Zwar mag die Technik im Grunde schon seit 100 Jahren existieren; Durch ihr einfaches Prinzip wird sie das auch noch ein paar Jahrhunderte später.

Amateurfunk, das Internet und digitale Betriebsarten

Auch für die Übermittlung von Bildern und Text gibt es Standards im Amateurfunk. Es geht jedoch nicht darum, sich vom Internet abzuschotten oder dieses zu verleugnen. Meistens läuft parallel zum Funkgerät ein PC, wo auch gerne mal nachgeschaut wird, wer alles auf einem bestimmtes Frequenzband am Senden ist.

Neben dem klassischen analogen Funk sind digitale Modulationsarten sind seit vielen Jahren gang und gäbe. Neuere Techniken wie Echolink, DSTAR oder DMR bauen sogar auf dem Internet auf und erlauben es, mit einem kleinen UKW-Handfunkgerät (welches sonst nur einige km Reichweite hätte) Teilnehmer auf der ganzen Welt zu erreichen. In Teilen ähnelt dies dem Mobilfunk, da diese Geräte automatisch Kontakt zu angrenzenden Relais aufnehmen können und bestimmte Teilnehmer direkt angerufen werden können. Es ist sogar möglich, per Amateurfunk E-Mails zu schreiben.

Amateurfunk ist Experimentieren

Technisch Interessierte haben im Amateurfunk viele gesetzlich zugesicherte Möglichkeiten zu experimentieren. Dies fängt bei der eigenen Ausrüstung an: Vom Funkgerät bis zur Antenne kann alles selbst gebaut werden. Auch wenn bei ersterem heute eher auf Kauflösungen zurückgegriffen wird, hat jeder Funker schon mal eine improvisierte Antenne gebaut, mit dem was gerade da war. Die Möglichkeiten gehen jedoch noch viel weiter, über Betriebsarten und Protokolle, neuartige Antennen und Sender bis hin zu exotischeren Experimenten wie die Ausnutzung der Reflexion des Signals an der Mondoberfläche (Erde-Mond-Erde, EME). Seit die Software Defined Radios (SDR) dank Kickstarter und Co für jeden erschwinglich geworden sind, hat der experimentelle Aspekt viele neue Impulse bekommen. Da hiermit über einen sehr weiten Frequenzbereich empfangen und gesendet werden kann (einige MHz bis mehrere GHz) sind hier viele Möglichkeiten entstanden, insbesondere auch in Bezug auf digitale Modi. Auch die Funkbude plant, in diesem Bereich tätig zu werden, weshalb wir an der GV zusammen mit dem Bastli die finanziellen Mittel für den Kauf eines SDR beantragt haben. Anzumerken ist an dieser Stelle auch, dass die Physik sich beim Amateurfunk nicht anders verhält als in kommerziellen Funklösungen wie WLAN oder Mobilfunk; wir haben lediglich weniger Bandbreite zur Verfügung.

Ein Hobby mit vielen Facetten

Im Falle von größeren Naturkatastrophen konnten Funkamateure bisher die Notfallkommunikation aufrecht erhalten, bis die regulären Kommunikationssysteme wieder verfügbar waren. Auch sonst ist das Hobby Amateurfunk deutlich vielseitiger, als man es hier beschreiben kann. Nach einem Rückgang der Aktivität steigt weltweit das Interesse wieder und gerade an Hochschulen finden sich viele aktive und engagierte Gruppen. Wie alles andere auch wandelt sich der Amateurfunk mit der Zeit. Aber eins steht fest: Auch in Zukunft bleibt der Amateurfunk aktuell.

Der Artikel erscheint parallel im Blitz, Ausgabe 10 2015 im Rahmen des Themas "aktuell".

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